Die Erwartungshaltung von Mitarbeitenden an Unternehmen: Ein Blick auf Bedürfnisse, Motivation und Bindung

In der heutigen Arbeitswelt haben sich die Erwartungen der Mitarbeitenden an ihre Arbeitgeber stark gewandelt. Wo früher Arbeitsplatzsicherheit und ein regelmäßiges Gehalt die zentralen Aspekte waren, zählen heute eine Vielzahl weiterer Faktoren, die die Arbeitszufriedenheit und die Bindung ans Unternehmen bestimmen. Unternehmen müssen sich diesen veränderten Erwartungshaltungen stellen und in der Lage sein, passende Lösungen anzubieten, um qualifizierte Mitarbeitende nicht nur zu gewinnen, sondern auch langfristig zu halten.

Eine Gruppe von Mitarbeitenden, die um einen Tisch in einem Raum sitzen
Mitarbeitende sind eine wichtige Ressource für Unternehmen. Umso wichtiger ist es, deren Wünsche, Bedürfnisse und Motivation im Blick zu behalten. Foto: Unsplash.com by @paymo

Flexibilität und Work-Life-Balance

Flexibilität ist mittlerweile eine Grundvoraussetzung für viele Mitarbeitende. Besonders seit der Covid-19-Pandemie hat sich die Bereitschaft, im Homeoffice zu arbeiten und flexible Arbeitszeiten zu verlangen, deutlich gesteigert. Die Erwartung ist klar: Mitarbeitende möchten ihre Arbeit so gestalten, dass sie ihren persönlichen und beruflichen Anforderungen gerecht werden können. Unternehmen, die flexible Arbeitszeitmodelle und hybride Arbeitsmöglichkeiten anbieten, haben zufriedenere und produktivere Teams.

Meine Untersuchungen im Rahmen der Forschungsarbeit zeigen, dass Flexibilität ein starker Motivator sein kann und ein Faktor, der langfristig zu einer höheren Bindung an das Unternehmen führt. Die Bereitstellung dieser Optionen kann jedoch auch Herausforderungen mit sich bringen, insbesondere in Bezug auf das Aufrechterhalten von Kommunikation und Teamzusammenhalt. Unternehmen, die hier innovative Lösungen wie digitale Teamräume und klare Kommunikationsrichtlinien implementieren, können den Wunsch nach Flexibilität unterstützen, ohne die Effizienz zu beeinträchtigen.

Wertschätzung und Purpose

In modernen Unternehmen spielt die Anerkennung und Wertschätzung der Arbeit eine zentrale Rolle. Mitarbeitende erwarten heute, dass ihre Beiträge gesehen und geschätzt werden. Eine Kultur der Wertschätzung steigert nicht nur die Zufriedenheit, sondern fördert auch eine positive Arbeitsumgebung und die Loyalität der Mitarbeitenden.

Eng damit verbunden ist das Thema Purpose. Mitarbeitende, besonders die jüngere Generation, möchten sich mit den Zielen und Werten ihres Arbeitgebers identifizieren können. Unternehmen, die ihre soziale Verantwortung ernst nehmen und eine klare Mission vermitteln, können diese Erwartung erfüllen. Untersuchungen zu diesem Thema zeigen, dass ein klarer Purpose oft das entscheidende Element ist, das junge Talente für ein Unternehmen begeistert. Der Purpose fördert das Gefühl, Teil einer bedeutsamen Mission zu sein, was sich direkt auf die Arbeitsmotivation und die emotionale Bindung auswirkt.

Karriereentwicklung und Weiterbildung

Ein weiterer zentraler Faktor für Mitarbeitende ist die Möglichkeit zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Die Erwartung, dass das Unternehmen in die Fähigkeiten und das Wissen seiner Mitarbeitenden investiert, ist heute weit verbreitet. Weiterbildungsmöglichkeiten, Karriereprogramme und Mentoring-Angebote tragen zur Kompetenzentwicklung bei und steigern die Arbeitszufriedenheit.

Arbeitgeber, die klare Karrierewege und regelmäßige Fortbildungsangebote anbieten, profitieren von höherer Produktivität und einer geringeren Fluktuation. Die Möglichkeit zur kontinuierlichen Entwicklung stärkt das Engagement und die Bindung ans Unternehmen. Unternehmen, die nicht in Weiterbildung investieren, laufen Gefahr, Mitarbeitende zu verlieren, die sich in ihrem Berufsalltag stagnierend fühlen.

Gerade in Zeiten steigender Belastungen am Arbeitsplatz sind Programme zum körperlichen und geistigen Wohlbefinden von entscheidender Bedeutung. Unternehmen, die Maßnahmen zum Stressmanagement, regelmäßige Gesundheitschecks oder ergonomische Arbeitsplätze anbieten, tragen aktiv zur Gesundheit ihrer Mitarbeitenden bei. Viele Mitarbeitende erwarten heute eine Form von Gesundheitsunterstützung durch ihren Arbeitgeber, da dies zeigt, dass das Unternehmen ihre individuellen Bedürfnisse ernst nimmt.

Programme zum Wohlbefinden am Arbeitsplatz sind nicht nur positiv für die Gesundheit, sondern auch für das Unternehmensimage. Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitenden unterstützend zur Seite stehen, signalisieren Verantwortung und Fürsorge, was die Attraktivität als Arbeitgeber langfristig steigert.

Finanzielle Erwartungen: Mehr als nur Gehalt

Während das Gehalt nach wie vor einen wesentlichen Bestandteil der Arbeitsmotivation darstellt, ist es heute allein nicht mehr ausreichend, um langfristige Zufriedenheit zu garantieren. Mitarbeitende erwarten zunehmend individuelle finanzielle Zusatzleistungen, die sich auf ihren Alltag und ihre Sicherheit auswirken. Zu den besonders nachgefragten Angeboten zählen betriebliche Altersvorsorge und Zuschüsse zu Gesundheitsleistungen, wie etwa Sport- oder Fitnessangebote, die die persönliche Lebensqualität direkt unterstützen. Auch die Möglichkeit, eine flexible Gehaltsaufteilung oder Bonuszahlungen zu erhalten, spielt eine immer größere Rolle und wird von vielen als Zeichen der Wertschätzung angesehen. Diese Flexibilität bei der Vergütung zeigt, dass das Unternehmen die individuellen Bedürfnisse seiner Mitarbeitenden erkennt und ihnen Rechnung trägt.

Darüber hinaus legen viele Mitarbeitende Wert auf spezifische Benefits, die ihre Arbeits- und Lebenssituation erleichtern. Mobilitätszuschüsse für Pendelstrecken, steuerbegünstigte Sachzuwendungen oder finanzielle Unterstützung bei der Aus- und Weiterbildung sind mittlerweile häufig gefragte Ergänzungen zum Grundgehalt. Unternehmen, die sich in diesen Bereichen gut aufstellen, heben sich im Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte ab und signalisieren eine Kultur der Fürsorge und des Verständnisses für die realen Lebensbedingungen ihrer Mitarbeitenden. Die Kombination aus Gehalt und maßgeschneiderten Zusatzleistungen stärkt nicht nur die Bindung zum Unternehmen, sondern steigert auch das langfristige Vertrauen und die Motivation der Mitarbeitenden, da sie die Wertschätzung ihrer Arbeit in konkreter Form erfahren.

Fazit

Die Erwartungshaltungen der Mitarbeitenden an Unternehmen sind vielfältig und komplex. Arbeitgeber, die flexibel, empathisch und innovationsbereit sind, haben die besten Voraussetzungen, die Anforderungen ihrer Teams zu erfüllen und gleichzeitig ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Studien legen nahe, dass Unternehmen, die auf die Bedürfnisse ihrer Mitarbeitenden eingehen, von höherem Engagement, geringeren Krankheitsausfällen und einer niedrigeren Fluktuationsrate profitieren. Die Herausforderung besteht darin, die Balance zu finden, die den Mitarbeitenden eine erfüllende Arbeitsumgebung bietet und gleichzeitig die Effizienz und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens stärkt.


  • Datenmaterial zu Homeoffice-Tendenzen in Deutschland:
    Owl Labs Inc. (2023) ‚Bericht zum Stand der Hybridarbeit 2023 | Deutschland‘ [online] Verfügbar unter https://owllabs.de/state-of-hybrid-work/2023
  • Grafik: Dillerup, R., Stoi, R. (2010): Unternehmensführung(Bd. 3). München: Verlag Franz Vahlen GmbH.
  • Dechert, L. (2020) ‚Strategien in Zeiten des Fachkräftemangels: Arbeitgeberattraktivität, Arbeits- zufriedenheit und Mitarbeiterbindung im Kontext von Employer Branding, Passung und Mindset‘ Siegen: Fakultät II Bildung – Architektur – Künste, Institut für Psychologie der Universität Siegen.
  • Hausknecht, J.P., Rodda, J., Howard, M.J. (2009) ‚Targeted employee retention: Performance‐ based and job‐related differences in reported reasons for staying‘ In: Human Resource Management 48 (2), S. 269–288
  • Schmitz, G. (2000) ‚Die Zufriedenheit von Versicherungsvertretern als unternehmerische Zielgröße‘ In: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft 89 (4), S. 527–559

Mitarbeitendenzufriedenheit als Erfolgsfaktor: Wie die Company Experience den Unternehmenserfolg steigert

Die Erfahrung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden und der Kunden im Unternehmen – heute unter dem Begriff Company Experience zusammengefasst – sind längst als Schlüsselfaktoren für den Erfolg eines Unternehmens anerkannt. Eine positive Company Experience setzt eine Kausalkette in Gang, die weit über das direkte Arbeitsumfeld hinaus Auswirkungen hat. Zufriedene und engagierte Mitarbeitende tragen nicht nur zu einem produktiveren Arbeitsklima bei, sondern auch zu einem positiven Unternehmensimage, was sich auf die Qualität der Arbeitsergebnisse, die Kundenzufriedenheit und letztlich auf den wirtschaftlichen Erfolg auswirkt. Doch wie sieht diese Kausalkette im Detail aus?

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Wenn Mitarbeitende im Unternehmen eine hohe Zufriedenheit haben, wirkt sich dies unmittelbar auf die Kundeninteraktion sowie -zufriedenheit aus und erhöht somit den Unternehmenserfolg. Foto: Unsplash.com by @brookecagle

Das Fundament: Mitarbeitendenzufriedenheit

Der erste Baustein in meiner Kausalkette aus der Forschungsarbeit ist die Mitarbeitendenzufriedenheit. Zufriedenheit im Arbeitsalltag entsteht durch eine Vielzahl von Faktoren – wie etwa ein wertschätzendes Arbeitsumfeld, faire Vergütung, Entwicklungsmöglichkeiten und Work-Life-Balance. Studien zeigen, dass Mitarbeitende, die sich wertgeschätzt und unterstützt fühlen, deutlich höhere Einsatzbereitschaft zeigen und die Identifikation mit dem Unternehmen stärken. Diese Identifikation ist ein wichtiger Faktor, denn sie fördert Loyalität und reduziert die Fluktuation, wodurch wertvolle Arbeitskraft und unternehmensspezifisches Wissen langfristig erhalten bleiben. Das spart nicht nur Kosten für Rekrutierung und Einarbeitung, sondern bewahrt auch wertvolles Wissen und langjähriges Know-how, was dem Unternehmen eine gewisse Beständigkeit verleiht. Besonders im kreativen oder technologischen Bereich, wie die Ergebnisse meiner Arbeit zeigen, ist die langfristige Bindung von Mitarbeitenden essenziell, da sie so Unternehmenswerte verinnerlichen und authentisch nach außen tragen können.

Engagierte Mitarbeitende als treibende Kraft für Produktivität und Innovationskraft

Hoch engagierte Mitarbeitende zeigen eine höhere Produktivität und Innovationskraft. Zufriedene und loyale Mitarbeitende bringen sich proaktiv ein, tragen Ideen bei und suchen eigenständig nach Lösungen. Sie fühlen sich mit den Unternehmenszielen verbunden und sind motivierter, zur positiven Entwicklung beizutragen. Ein gut ausgeprägtes Engagement steigert die Innovationskraft des Unternehmens, da engagierte Mitarbeitende vermehrt Eigeninitiative und Kreativität an den Tag legen – wichtige Erfolgsfaktoren, die das Unternehmen zukunftssicher und wettbewerbsfähig machen.

Gerade in Branchen, in denen Veränderung und Agilität erforderlich sind, wie im Medien- oder Technologieumfeld, ist Innovationskraft entscheidend. Meine Arbeit zeigt auf, dass die Fähigkeit der Mitarbeitenden, Lösungen und neue Ansätze zu entwickeln, einen zentralen Wettbewerbsvorteil darstellt. Dazu tragen auch klare interne Kommunikationsstrukturen bei, durch die Mitarbeitende über Ziele und Prozesse informiert und eingebunden sind. Diese Transparenz und Mitbestimmung wirken als Multiplikator für Engagement und schaffen eine Kultur, in der Mitarbeitende nicht nur „arbeiten“, sondern sich aktiv am Unternehmenserfolg beteiligen.

Zufriedene Mitarbeitende haben auch eine direkte Auswirkung auf die Kundenerfahrung und das Unternehmensimage. Indem sie motiviert und authentisch die Unternehmenswerte verkörpern, können sie sich besser auf die Bedürfnisse der Kunden einstellen und ein positives Kundenerlebnis schaffen. Diese Authentizität ist entscheidend, da die Kundenbeziehung heutzutage nicht nur über die Produkte oder Dienstleistungen, sondern über die gesamte Interaktion mit dem Unternehmen bewertet wird.

Wenn Mitarbeitende die Markenwerte verstehen und selbst an diese glauben, transportieren sie diese Überzeugung auch im Kontakt mit den Kunden. Das fördert ein konsistentes Markenimage, das sowohl intern als auch extern erkennbar ist. Eine klare Identifikation mit den Markenwerten wirkt sich zudem positiv auf die Mitarbeitendenbindung und die Authentizität in der Außenwahrnehmung aus – Kunden erleben den Kontakt als vertrauenswürdig und echt. Dies hat langfristige Effekte auf die Kundenbindung und führt dazu, dass das Unternehmen gegenüber Mitbewerbern besser wahrgenommen wird.

Von interner Zufriedenheit zu langfristiger Stabilität

Die Kausalkette, die mit der Mitarbeitendenzufriedenheit beginnt, endet in einer stärkeren wirtschaftlichen Stabilität und Resilienz des Unternehmens (beachten Sie hierfür bitte auch die Grafik). Unternehmen, die eine nachhaltige Company Experience fördern, schaffen ein stabiles Fundament für anhaltenden Erfolg. Es ist allgemein Usus, dass eine stärkere Mitarbeitendenbindung zu einem reduzierten Bedarf an Neueinstellungen und geringeren Fluktuationskosten führt. Denn langjährige Mitarbeitende bewahren Wissen und schaffen ein stabiles Fundament für interne Abläufe, die wiederum die Effizienz und operative Widerstandsfähigkeit fördern.

Die langfristige Perspektive zeigt zudem, dass Unternehmen, die die Mitarbeitendenzufriedenheit priorisieren, eine kulturelle Widerstandskraft entwickeln, die sie vor Krisen schützt. Meine Arbeit zeigt auf, dass die Company Experience eine Win-Win-Situation schafft: Zufriedene Mitarbeitende führen zu höherer Produktivität, einer positiven Außenwirkung und einem konsistenten Markenimage, was letztlich in einer nachhaltig erfolgreichen Positionierung des Unternehmens mündet.


  • Grafik: Buchheit, H. (o. J.) ‚Vernetzung von Mitarbeiter- und Kundenzufriedenheit‘ Friedrich-Alexander-Universität Erlangen
  • Bharadwaj, S., Khan, N.A., Yameen, M. (2022) ‚Unbundling employer branding, job satisfaction, organizational identification and employee retention: a sequential mediation analysis‘ In: Asia-Pacific Journal of Business Administration 14 (3), S. 309–334
  • BICG Group SL (2019) ‚BICG INSIGHTS 2019 Release. Culture: the core of transformation.‘ Business Innovation Consulting Group SL.
  • Clifton, J., Harter, J. (2023) Culture shock: An unstoppable force has changed how we work and live. Gallup’s solution to the biggest leadership issue of our time. Washington DC: Gallup Press.
  • Dechert, L. (2020) ‚Strategien in Zeiten des Fachkräftemangels: Arbeitgeberattraktivität, Arbeits- zufriedenheit und Mitarbeiterbindung im Kontext von Employer Branding, Passung und Mindset‘ Siegen: Fakultät II Bildung – Architektur – Künste, Institut für Psychologie der Universität Siegen.
  • Megerle, R. (1992) ‚Mitarbeitermotivation: Ein zentrales Element des Personalmarketing‘ In: Strutz, Hans (Hrsg.) Strategien des Personalmarketing Wiesbaden: Gabler Verlag. S. 103–116

Bedürfnispyramide in der Arbeitswelt: Ein veraltetes Modell?

Die Bedürfnispyramide von Maslow gehört zu den bekanntesten Theorien der Motivation. Sie beschreibt, wie grundlegende Bedürfnisse die Grundlage für höhere, komplexere Bedürfnisse schaffen. Doch in der modernen Arbeitswelt stößt dieses Modell immer häufiger an seine Grenzen. Vor allem in kreativen und dynamischen Umgebungen, wie sie in vielen privaten Bildungs- und Medieninstituten zu finden sind, zeigt sich, dass die traditionelle Pyramidenstruktur nicht immer sinnvoll ist.

Zu sehen sind 4 Elemente von Bedürfnissen von Menschen. Dazu gehört unter anderem das Primärbedürfnis des Essens, aber auch verwandte Begriffe wie Gesehenwerden, Helfen und weitere.
Ansicht von vier Bedürfnissen aus dem Kategoriensystem von 77 Human Needs. Foto: Unplash.com by @77hn

Was ist die Bedürfnispyramide nach Maslow?

Die Bedürfnispyramide, entwickelt von Abraham Maslow, besteht aus fünf Stufen:

  1. Physiologische Bedürfnisse: Grundlegende Bedürfnisse wie Nahrung, Wasser und Schlaf.
  2. Sicherheitsbedürfnisse: Schutz, Sicherheit und Stabilität.
  3. Soziale Bedürfnisse: Zugehörigkeit, Freundschaften und Liebe.
  4. Wertschätzungsbedürfnisse: Anerkennung, Erfolg und Selbstachtung.
  5. Selbstverwirklichung: Das Streben nach persönlichem Wachstum und der Entfaltung des eigenen Potenzials.

Maslow postulierte, dass Menschen zuerst die unteren Ebenen erfüllen müssen, bevor sie sich den höheren Stufen zuwenden können. Doch gilt diese Theorie auch für den modernen Arbeitsplatz?

Kritik an der Bedürfnispyramide in der Arbeitswelt

In der Praxis wird zunehmend hinterfragt, ob Maslows Modell den realen Arbeitsumgebungen gerecht wird. Die gegenwärtige Forschung zeigt, dass Bedürfnisse in der Arbeitswelt nicht unbedingt hierarchisch strukturiert sind. Besonders in kreativen Branchen und innovativen Bildungsinstituten, die stark projekt- und teamorientiert arbeiten, zeigen sich andere Prioritäten.

Ein Beispiel ist die veränderte Gewichtung von Sicherheit und sozialen Bedürfnissen. Viele Mitarbeitende in der kreativen Medienbranche legen besonderen Wert auf Arbeitsklima, Teamgeist und die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung, bevor sie über finanzielle Sicherheit und langfristige Stabilität nachdenken. Maslows starre Pyramide scheint dem oft nicht gerecht zu werden.

Ansicht der Job-Bedürfnispyramide von XING / NEW WORK SE

Die Plattform XING hat versucht, dieses Modell auf die Employee Experience anzuwenden, indem sie eine Job-Bedürfnispyramide entwickelt hat (XING – New Work SE 2023).

Diese Grafik integriert Aspekte wie finanzielle Sicherheit als eine der unteren Stufen, was jedoch in einer unselbstständigen Tätigkeit häufig nicht ausschließlich durch den Job erreicht werden kann. Daher stellt sich die Frage nach der Angemessenheit und Flexibilität solcher hierarchischen Modelle in der Praxis.

Empirische Erkenntnisse: Neue Prioritäten am Arbeitsplatz

In meinem Forschungsprojekt, das an einem privaten Medieninstitut durchgeführt wurde, zeigte sich, dass das Arbeitsklima als eines der wichtigsten Bedürfnisse betrachtet wird – noch vor Aspekten wie Vergütung und Sicherheit. In modernen Arbeitswelten sind Faktoren wie Teamarbeit, kreative Freiheit und ein angenehmes Umfeld oft entscheidend für die Motivation und das Wohlbefinden der Mitarbeitenden.

Moderne Bedürfnisse in der Arbeitswelt:

  • Teamgeist und Zusammenhalt: Der Wunsch nach einer familiären und unterstützenden Atmosphäre im Arbeitsumfeld spielt eine zentrale Rolle.
  • Kreative Freiheit: Die Möglichkeit, kreativ und eigenverantwortlich zu arbeiten, ist oft wichtiger als ein hohes Gehalt.
  • Work-Life-Balance: Flexible Arbeitszeiten und die Freiheit, Projekte eigenständig zu gestalten, werden zunehmend als notwendig erachtet, um sich motiviert zu fühlen.

Warum passt Maslows Modell nicht mehr?

Ein Problem der Pyramide ist die Annahme, dass Menschen in linearer Reihenfolge von einer Ebene zur nächsten aufsteigen. In modernen Arbeitsumgebungen stehen jedoch oft mehrere Bedürfnisse gleichzeitig im Fokus. Ein kreativer Kopf in einem Bildungsinstitut könnte sowohl ein Bedürfnis nach Selbstverwirklichung als auch nach sozialem Zusammenhalt empfinden – ohne dass das eine das andere voraussetzt.

Die Bedürfnisse sind dynamisch, sie ändern sich je nach Situation, Projekt und sogar der Stimmung der Mitarbeitenden. Ein Modell, das die Bedürfnisse in statische Hierarchien unterteilt, kann dieser Dynamik nicht gerecht werden. Aus diesem Grund wurde in meiner Forschungsarbeit ein Grafik entwickelt, welche eine gleichwertige Betrachtung der diversen Bedürfnisse ermöglicht.

Dieses nachstehende Modell stellt fünf gleichrangige Säulen dar: Vergütung, Sicherheit, Arbeitsklima, Wertschätzung und Entfaltung. Jede dieser Säulen beinhaltet verschiedene Faktoren, die zu ihrer Erfüllung beitragen können. Mit Hilfe dieser Betrachtungsweise wird eine flexible und realistische Abbildung der Bedürfnisse von Mitarbeitenden ermöglicht, ohne durch eine rigide Hierarchie eines pyramidalen Schemas eingeschränkt zu sein.

Alternative Modelle für die Arbeitswelt

Neue Ansätze aus der Forschung versuchen, diese Dynamik besser abzubilden. Modelle, die auf Selbstbestimmungstheorie basieren, legen mehr Wert auf die Autonomie, Kompetenz und Verbundenheit der Mitarbeitenden. Dabei geht es weniger darum, feste Stufen zu erklimmen, sondern mehr darum, eine Balance zwischen verschiedenen Bedürfnissen zu finden.

Fazit: Mehr Flexibilität gefragt

Die Bedürfnispyramide von Maslow ist ein wichtiges historisches Modell, das Grundlagen geschaffen hat. Doch die Realität in modernen Arbeitsumgebungen erfordert flexiblere Ansätze. Vor allem kreative und dynamische Branchen profitieren von Modellen, die den Bedürfnissen der Mitarbeitenden mehr Raum lassen und nicht auf starre Hierarchien setzen.

Für Arbeitgeber in der Medien- und Bildungsbranche bedeutet dies, dass sie sich stärker auf eine dynamische, mitarbeiterzentrierte Kultur einlassen müssen, um langfristig erfolgreich zu sein.


  • Maslow, A.H. (1943) ‚A theory of human motivation.‘ In: Psychological Review 50 (4), S. 370– 396
  • Deci, E. L., & Ryan, R. M. (1985). Intrinsic Motivation and Self-Determination in Human Behavior. New York: Plenum.
  • Herzberg, F., Mausner, B., & Snyderman, B. B. (1959). The Motivation to Work. John Wiley & Sons.
  • Plaskoff, J. (2017) ‚Employee experience: the new human resource management approach‘ In: Strategic HR Review 16 (3), S. 136–141
  • XING – New Work SE (2023) ‚Instagram‘ [online] Verfügbar unter https://www.insta-gram.com/p/CxsAjz8tnDK (Zugegriffen am 16.02.2024)