Das Handelsblatt hat vor kurzem einen Artikel veröffentlicht, indem der „Wirecard-Skandal“ thematisiert wird. Darin befindet sich ein Link zu einem geheimen Dokument des Untersuchungsausschusses, das für die Öffentlichkeit nicht bestimmt war bzw. ist. Ich möchte in diesem Beitrag darauf eingehen, warum die Veröffentlichung solcher Beiträge rechtlich schwierig sind.
Leser meiner Accounts bei Instagram oder Linkedin werden sicherlich schon mitbekommen haben, dass ich des Öfteren mit der Deutschen Bahn fahre. Neulich war ich auf einem kurzen Trip in meine Heimatstadt Rostock, die knapp 3,5 h Fahrt mit dem Zug habe ich u.a. im Handelsblatt lesend verbracht.
Der Untersuchungsausschuss
In der November-Ausgabe werden neue Indizien und Fakten in der Aufklärung zum Fall des Wirecard-Unternehmens veröffentlicht. Mit dabei ist auch der „Wambach-Bericht“, der eine Analyse zum Verhalten der Wirtschaftsprüfer enthält. Dieser Bericht ist vom Deutschen Bundestag als „Geheim“ eingestuft worden.
Eine Klage des Bundestag-Untersuchungsausschusses zur Veröffentlichung dieser Dokumente blieb offen, da nicht rechtzeitig alle Verfahrensunterlagen eingereicht werden konnten und nur bestehende Untersuchungsausschüsse klagen können – dieser Ausschuss endete mit der Auflösung am 25. Juni 2021 wegen Berichterstattung an den 19. Deutschen Bundestag. Die Antragsstellung zur Veröffentlichung erreichte den Bundesgerichtshof erst am 6. August, also nach Auflösung des Ausschusses.
Damit ist dieser Bericht weiterhin als „Geheim“ eingestuft und darf der Öffentlichkeit bzw. außerhalb des Ausschusses eigentlich nicht bekannt sein. Das Handelsblatt entschied sich jedoch trotzdem zu einer Veröffentlichung und wird nun sicherlich einige Jahre mit verschiedenen Gerichtsprozessen der betroffenen Wirtschaftsprüfer oder anderer Gruppen zu tun haben. Doch die Frage steht im Raum: Hätten die es gedurft?
Pressefreit vs. Geheimnisse
Fakt ist: Auch Journalisten:innen dürfen nicht einfach Geheimnisse veröffentlichen und können sich damit strafbar machen. Vielen bekannt ist sicherlich die Watergate-Affäre in den Vereinigten Staaten von Amerika, die erst durch mutige Blattmacher:innen u.a. bei der Washington Post erst möglicht wurde. Doch auch in Deutschland gibt es höchstrichterliche Rechtsprechungen zu Fällen der Veröffentlichung von geheimen Staatsdokumenten, die eine Einzelfallabwägung ermöglichen.
Ein erstes Urteil stammt aus dem Jahre 1966 und endete in der berühmten „Spiegel“-Affäre. 2007 folgte das „Cicero“-Urteil. Beiden Urteilen eint:
- Journalisten:innen stehen nicht außerhalb der allgemeinen Strafgesetze.
- Das Grundrecht der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG) muss beachtet werden; dahingehende Strafvorschriften als einschränkend ausgeleget werden.
Der „Wambach-Report“ ist aus meiner Sicht kein Dokument, welches als Staatsgeheimnis einzustufen wäre, da die Regierung selbst i.S.v. § 94 StGB nicht involviert ist bzw. auch kein Sicherheitsnachteil der Bundesrepublik Deutschland zu erwarten wäre (Vgl.: „Der strafrechtliche Schutz von Geheimnissen“).
Das hier eine Verletzung von Privatgeheimnissen i.S.v. § 203 Abs. 2 StGB (Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse) und von Dienstgeheimnissen i.S.v. § 353b StGB (z.B. durch Mitglieder des Deutschen Bundestages) geschehen ist, steht für mich außer Frage. Ob das Handelsblatt oder deren Journalisten:innen gegen etwaige Regelungen des Urheberrechts verstoßen haben könnten, wird hier nicht weiter thematisiert.
Nun werden sich die Gerichte mit den Sachverhalt beschäftigen (sofern es zu Verfahren kommt) und klären müssen, ob die Veröffentlichung gerechtfertigt war. Persönlich glaube ich, dass die Veröffentlichungen solcher Dokumente in Einzelfällen ein Zeugnis von Transparanz sein können und der Aufklärung dienlich sind.
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